Personalsymposium 2022: “Das ‘New Normal’ muss jetzt gestaltet werden”
Interview mit Keynote-Speakerin Inga Höltmann
Tuttlingen – Die letzten eineinhalb Jahre habe den Wandel massiv beschleunigt: Arbeit und Arbeitsplatz werden digitaler, hybrider, flexibler – einstmals feste Bindungen gehen verloren, immer mehr Mitarbeiter wechseln den Job. Diese Aspekte stehen beim Online-Personalsymposium am 27. Januar im Fokus, und dabei besonders bei Inga Höltmann. Die Referentin gibt im Interview einen ersten Einblick, wie der Kulturwandel gestaltet und als Chance begriffen werden kann.
Inga Höltmann ist Wirtschaftsjournalistin, Speakerin und Gründerin der “Accelerate Academy”, Deutschlands führender Plattform für Neue Arbeit und Neues Lernen. Sie setzt sich intensiv mit den Themen Kulturwandel, Diversity, New Work und Digital Leadership auseinander – aus ihrer Sicht die Schlüsselthemen der digitalen Moderne. Sie schreibt darüber, und sie spricht auch darüber, unter anderem bei zahlreichen Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Workshops. Inga Höltmann, Jahrgang 1981, schloss das Studium der Sprachwissenschaft an der Freien Universität Berlin ab und nahm anschließend ein crossmediales Volontariat an der Journalistenschule des Rundfunk Berlin-Brandenburg auf. Zu ihren Auftraggebern gehören heute unter anderem der Berliner Tagesspiegel und das Deutschlandradio Kultur. Inga Höltmann lebt und arbeitet in Berlin, Hamburg und gelegentlich London.
- Frau Höltmann, wir befinden uns mitten im Kulturwandel – der sich durch Corona noch beschleunigt hat. Wie können Unternehmen auch in Zukunft weiter bestehen?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die erfolgversprechendste Reaktion auf die Veränderungen der Arbeitswelt ist, sie als Menschen und als Organisationen beherzt anzunehmen und bewusst zu gestalten. Denn Corona hat unsere Arbeit verändert und wir werden nicht mehr zum Vor-Corona-Zustand zurückkehren. Auch wenn es an manchen Enden geknirscht hat, wenn es Reibungen und Konflikte gab: Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmen, Arbeit remote, hybrid und vor Ort neu zu gestalten. Besser heute als morgen!
Wichtige Themen dafür sind Kommunikation und Innovation. Kommunikation, denn die digitale Transformation – das ist eine meiner vordringlichsten Arbeitshypothesen – ist im Kern ein Kommunikationsprozess. Und dabei geht es nicht darum, die Veränderungen kommunikativ zu begleiten, sondern zu verstehen, dass Austausch und Miteinanderreden im Zentrum des Veränderungsprozesses stehen, damit sie wirklich verstanden werden und in der Organisation verankert werden. Und das öffnet die Türen für Innovation: Denn Innovation braucht Austausch und Schutzräume, in denen Ideen entwickelt und ausprobiert werden können. - Warum tun sich Unternehmen mit dem Kulturwandel teils so schwer und was sind die Knackpunkte?
Ich nehme eine gewisse Ermüdung wahr: Veränderungen sind in den Organisationen immer vorangetrieben worden, viele jedoch nicht besonders nachhaltig. Die Menschen haben gelernt, ihnen erst einmal skeptisch zu begegnen und abzuwarten, wie ernst sie gemeint sind. Viel zu viele dieser Projekte sind ja auch im Sand verlaufen. Und diese Skepsis ist auch noch aus einem anderen Grund nachvollziehbar: Veränderung, gerade wenn sie tief geht, ist anstrengend und schmerzhaft. Da reißt man sich auch nicht gerade drum. Deshalb geht es im Kulturwandel darum, eine klare Vision der zukünftigen Zusammenarbeit zu entwickeln und auch, sie nicht von oben her durchzudrücken, sondern auch das Warum in der Organisation zu verankern. Denn Veränderung sollte nicht um der Veränderung willen geschehen, sondern mit einem klaren Zielbild verbunden werden – ein Zielbild der kommenden Gesellschaft, der Rolle der eigenen Organisation darin und eine Vorstellung davon, welche Form der Zusammenarbeit dieses Zielbild erreichen hilft. - In den letzten zwei Jahres saß die Mehrheit der Arbeitnehmer im Homeoffice. Viele möchten nicht mehr dauerhaft zurück ins Büro, mit strikten Arbeitszeiten. Der Megatrend New Work bedeutet aber nicht nur Homeoffice oder Teilzeitangebote. Wie können sich hier Unternehmen für ihre Arbeitnehmer attraktiver aufstellen?
Das Homeoffice und Teilzeit sind Beispiele für flexiblere Arbeit – und das ist es, was Menschen wollen (und brauchen): Flexiblere Arbeit, die besser in ihr Leben passt und mit der sie die verschiedenen Anforderungen, die an sie gestellt werden, vereinen können. Ich empfehle, die Mitarbeiter/innen einfach mal zu fragen: Was braucht ihr? Wie sieht gute Arbeit für euch aus? Und dann miteinander zu erarbeiten, wie man das umsetzen kann. - Sie sprechen auch über die Veränderung der (Zusammen-)Arbeit. Ist diese Veränderung gut beziehungsweise eigentlich schon lange überfällig?
Und ob diese Veränderungen gut sind! Sie sind meiner Meinung nach die wirkungsvollste Antwort auf die Herausforderung, mit der sich immer schneller wandelnden Welt Schritt zu halten. Neue Formen der Zusammenarbeit ermöglichen Innovation im Unternehmen und eröffnen gleichzeitig Räume für eine gesunde Fehlerkultur und gemeinsames Lernen – beides elementare Zutaten für nachhaltigen Erfolg in der modernen Welt. Und ich denke: Je schneller Organisationen das verstehen und umsetzen, umso besser. - Sie sprechen am 27. Januar bei dem Personalsymposium. Auf was können sich die Teilnehmer bei Ihrem Vortrag besonders freuen?
Ich werde im Rahmen meines Vortrages versuchen, diese Zusammenhänge herauszuarbeiten, denn ich bin fest davon überzeugt, dass Neue Arbeit ein Schlüssel in der postpandemischen Arbeitswelt ist. Das vielzitierte “New Normal” muss jetzt gestaltet werden und die Prinzipien und Werte Neuer Arbeit bieten geeignete Leitplanken dafür.
Die weiteren Referentinnen und Referenten des Personalsymposiums sind:
Norbert Feldhaus (Deutscher Sparkassen Verlag)
Silke Nevermann (Office Concepts)
Dr. Frank Oberzaucher (Universität Konstanz)
Martin Fehr (Sport- und Gesundheitswissenschaftler)